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Elefantenrüssel, ein brennendes Schwein und eine Königin

Zwei Sommernebel mit Dunkelwolken

 

20. Juni 2007

Als ich noch ein kleiner Junge war, hing über meinem Bett ein aus einer Zeitschrift ausgeschnittenes Farbbild von M16, welches im Naval-Observatorium bei Flagstaff  im damals noch recht neuen  Kompositverfahren aufgenommen worden war. Ich war fasziniert von dem roten Nebel und noch mehr von den markanten Dunkelwolken, die den Nebel durchziehen. Diese sind heute durch die Hubble STScI Publikationen als Pillars of creation bekannt, entsprechend der in ihnen stattfindenden Sternentstehung. Robert Burnham Jr. nannte die Silouette dieser bizarren Dunkelwolken in seinem Celestial Handbook noch "Sternenkönigin". Mit meiner damaligen "Ausrüstung", einem 10x50 Fernglas auf einem Fotostativ, konnte ich zwar M16 identifizieren, aber viel zu erkennen gab es da nicht.

M 16 mit der Sternenkönigin und dem  Brennenden Schwein (DSS Aufnahme)

Diese Dunkelstrukturen, die auf Linienfilter-Aufnahmen in H-alpha sehr eindrucksvoll sind, sind visuell gar nicht so einfach zu erfassen, selbst mit Teleskopen, die um einiges größer sind als so ein 50mm-Feldstecher. Der gesamte Emissionsnebel um M16 ist überhaupt relativ schwach und wird eigentlich nur bei Verwendung eines UHC- oder OIII-Filters richtig eindrucksvoll. Aber selbst dann fallen diese Dunkelstrukturen kaum auf und werden von den meisten Beobachtern wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen. Es bedarf einiger Geduld, bis man die nur sehr schwachen Kontrastunterschiede erkennt und sich langsam die dunklen Säulen vor dem Hintergrund des Nebels herausschälen. Mit meinem 22" Spiegel konnte ich bei guter Transparenz die beiden südwestlichen Säulen als unterschiedlich lange Dunkelbänder klar trennen. Die dritte Säule nordöstlich davon konnte auch beobachtet werden, ist jedoch durch einen recht hellen Stern an der Spitze nicht so klar zu fassen.

In M16 gibt es eine weitere Staubsäule, die ebenfalls durch Bilder des Hubble-Teleskops etwas bekannter wurde, und die in meinem engeren Umfeld als das "Brennende Schwein" bekannt ist.  Der Grund für diese Namensgebung wird aus der untenstehenden Hubble-Aufnahme offensichtlich. 

Das Brennende Schwein auf einer Aufnahme des Hubble Teleskops (STScI). Die markantesten anatomischen Details sind markiert. Es ist auffällig, dass das Weltraumschwein im Gegensatz zu seinen irdischen Artgenossen drei statt nur zwei Rüssellöcher (die Pendants zu den menschlichen Nasenlöchern) hat.

Im Gegensatz zur Sternenkönigin ist das Brennende Schwein visuell etwas schwieriger zu erfassen. Das Leuchten des Schweines an sich konnte ich selbst nach längerer Beobachtung mit meinem 22-Zöller nicht sehen, wohl aber die dunkle Rauchwolke, die von den Vorderpfoten nach hinten zieht und wahrscheinlich vom zu schnellen Eintritt des Schweins in die dichteren Bereiche von M16 herrührt. Diese Rauchwolke erscheint auch auf der DSS-Übersichtsaufnahme von M16 als die Region mit dem größten Kontrast zum Emissionsnebel.

Obwohl die äußere Ähnlichkeit stark zu wünschen übrig lässt, sind unsere Schweine mit den Elefanten recht nah verwandt. Womit der Brückenschlag zum Elefantenrüssel geschafft ist, dem nächsten Beobachtungsobjekt. Der Elefantenrüssel befindet sich in IC 1396, dem großen Emissionsnebel im Cepheus gleich neben µ Cephei, dem Granatstern. 

IC 1396 im Cepheus mit dem Granatstern µ Cephei und markanten Dunkelstrukturen, unter anderem dem als Elefantenrüssel bekannten IC 1396a und dem Reflexionsnebel VdB 142 

Der Elefantenrüssel IC 1396a, von dem Teile auch unter VdB 142 im Katalog von Van den Bergh bekannt ist, ist ein beliebtes Objekt für Astrofotografen, die ihren neuen H-alpha-Linienfilter ausprobieren wollen. Visuell ist der Elefantenrüssel ein eher schwieriges Objekt, das zwar keine großen Ansprüche an die Teleskopöffnung, wohl aber an die Geduld des Beobachters stellt. Während der große Dunkelkeil etwa in der Mitte von IC1396 recht einfach auszumachen ist, kann man sich am Rüssel schon etwas länger die Zähne ausbeissen. Erst nach etwa einer Stunde ausgiebigen Probierens konnte ich die südliche Kante des Dunkelschlauchs mit meinem 14-Zöller sicher halten und reproduzierbar wiederfinden. Neben viel Geduld ist auch hier ein Nebelfilter Pflicht (wobei UHC etwas besser als OIII ist), und auch die Vergrößerung sollte nicht zu gering gewählt sein.

Der Elefantenrüssel im Detail. Bei visueller Beobachtung mit UHC-Filter ist die südliche Kante des Dunkelschlauchs mit der kleinen "Bucht" das auffälligste Element. Der vordere runde Teil mit dem leuchtenden Rand ist am Teleskop nur mit viel Phantasie zu erahnen. Im Gegensatz zum Brennenden Schwein hat der kosmische Elefant klar zwei Rüssellöcher, in Übereinstimmung mit irdischen Elefanten. Ob hinter dieser Abweichung zu den Schweinen ein tiefergehendes Prinzip steckt? (DSS-Aufnahme)

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